Angehörige pflegen in Zeiten von Corona
Besondere Schwierigkeiten in der Corona-Pandemie
Viele Pflegedienste und Einrichtungen können ihr ursprüngliches Betreuungsangebot nicht im vollen Umfang leisten und bieten nur eingeschränkten Betrieb an. Tages- und Nachtpflegeinrichtungen, Betreuungsgruppen und Notbetreuung wurden teilweise geschlossen.
Pflegekräfte und Haushaltshilfen aus Osteuropa kehrten in ihr Heimatland zurück und/oder es entstehen Lücken beim Personalwechsel. Das hat zur Folge, dass Berufstätige sich verstärkt selbst um pflegebedürftige Angehörige kümmern müssen. Die physische und psychische Belastung ist in dieser Situation oft groß. Es ist nicht immer leicht, Beruf und Pflege eines Angehörigen unter einen Hut zu bekommen. Auch steht die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes im Raum.
Nachfolgend finden Sie Tipps und informative Links, die Ihnen einen Überblick verschaffen, welche Erleichterungen es gibt und was Sie beanspruchen können.
Neue Regelungen während der Corona-Zeit für die Pflege zuhause
- Begutachtungen durch den medizinischen Dienst der Kranken- und Pflegeversicherung (MDK), zur Feststellung eines Pflegerades ist als Hausbesuch oder Telefongutachten bis 30.06.2021 möglich!
Telefonat statt Hausbesuch: MDK-Begutachtungen in Zeiten von Corona | Senioren Ratgeber (senioren-ratgeber.de) - Der Entlastungsbetrag für Pflegegrad 1 und die Verhinderungspflege sind bis zum 30.06.2021 flexibel nutzbar, nicht genutzte Beträge aus 2019 bis 30.09.2021 sind übertragbar.
- Folge-Verordnungen per Telefon: Die Frist zur Vorlage der Verordnung wurde von 3 auf 10 Tage verlängert.
- Mehr Geld für Pflegehilfsmittel zum Verbrauch: jetzt werden dauerhaft 60 Euro (bisher 40 Euro) im Monat gezahlt.
- Für den Fall, dass der Pflegedienst nicht kommen kann, greift § 150 Sozialgesetzbuch XI (Option: kurzfristige Arbeitsverhinderung beantragen)
- Nachbarschaftshilfe ist bis zur Haustür möglich. Bei systemrelevanten Personen (die pflegen) ist die Aufnahme der Pflegeperson in Kurzzeitpflege möglich ab Pflegegrad 1.
Hinzu kamen einige Erleichterungen der Vereinbarkeit von Beruf und Pflege durch mehr Möglichkeiten zum Homeoffice und das Pflegezeitgesetz. Das verstärkte Arbeiten im Homeoffice kann an einigen Stellen entlastend wirken, da Wegezeiten wegfallen und größere Selbstorganisation der Arbeit zu Hause möglich ist. Gleichzeitig aber birgt es auch Gefahren der fehlenden Abgrenzung zwischen den Lebensbereichen und damit einer generellen Überforderung im Falle einer Pflegeverpflichtung.
Das Pflegezeitgesetz
Das am 01.07.2008 in Kraft getretene Pflegezeitgesetz soll den Beschäftigten ermöglichen, sich im Falle einer familiären Pflegesituation von der Arbeit freistellen zu lassen. Der Gesetzgeber beabsichtigt damit, die Vereinbarung von Beruf und familiärer Pflege zu verbessern.
Wer kann Pflegezeit beanspruchen?
Beschäftigte im Sinne des Pflegezeitgesetzes sind alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sowie zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte und als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehende Beschäftigte, also etwa Heimarbeiter.
Gesetzlich verankerter Rechtsanspruch:
Möglich sind folgende Lösungen
- Beschäftigte können einmalig im Akutfall bis zu 10 Tage der Arbeit fernbleiben (kurzzeitige Arbeitsverhinderung), aktuell sind weitere 10 Tage zusätzlich bis 30.06.2021 möglich, mit Lohnersatzleistung „Pflegeunterstützungsgeld“ (Antrag bei der Pflegeversicherung des Pflegebedürftigen)
- Bis zu 6 Monate Pflegezeit (inklusive 3 Monate Begleitung in der letzten Lebensphase) können flexibel genutzt werden, es gilt eine Ankündigungsfrist von 10 Tagen, möglich ist dabei ein zinsloses Darlehen.
- Möglich ist auch die Familienpflegezeit. Diese beinhaltet eine Reduktion der Arbeitszeit für längstens einen Monat auf weniger als 15 Stunden. Machbar ist auch eine Reduzierung auf mindestens 15 Stunden pro Woche für max. 2 Jahre. Hier ist ein Lohnausgleich mit 50 % über zinsloses Darlehen möglich, notwendig sind dabei mindestens 10 Tage Ankündigungsfrist.
Allgemeine Tipps bei der Betreuung und Pflege zu Hause
Generelle Schutzmaßnahmen
• Selbstschutz durch Schutzkleidung und medizinische Masken
• Allgemeingültige Hygieneregeln beachten
• Tägliche Desinfektion der Flächen und Arbeitsmittel nach jedem Gebrauch
• Einmal-Geschirr verwenden
• Kontaktbegrenzungen einhalten
• Testangebote annehmen!
• Bei Symptomen direkt zum Arzt gehen!
Gesundheit stärken
• Selbstpflege und Ausgleich z.B. Spaziergänge oder einen freien Nachmittag organisieren
• Gymnastik/Yoga
• Immunstärkende Nahrung, wohltuende Tees
• Soziale Kontakte über Skype, Facetime etc. aufrecht halten
• Handarbeiten, Brettspiele, Bilderalbum anschauen etc.
Entlastung
• Pflegeplan erstellen
• Zusätzliche Betreuungsperson engagieren
• Ausfall einer Pflegeperson vorbereiten/Notbetreuung klären
• Lieferdienste nutzen
• Arzneimittel und Verordnung über Apotheke organisieren
• Nachbarn, Enkel etc. um Unterstützung bitten
• Nein sagen!
Unterstützung/Beratung
Lassen Sie sich beraten, zum Beispiel bei den Pflegestützpunkten: Beratung vor Ort – Pflegestützpunkte im Saarland | Pflegestützpunkte im Saarland (psp-saar.net) und tauschen Sie sich in Angehörigengruppen (z.B. bei Facebook-pflegende Angehörige) aus.
Frage stellen, wie kann der Arbeitgeber unterstützen bei den Themen Arbeitszeit, Arbeitsort, Pflegezeit: Suchen Sie das Gespräch! Holen Sie telefonische Beratung ein: Pflegetelefon | Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (bafza.de)
Weitere Information auf Anfrage im AK-Referat Pflege erhältlich:
Mail: pflege@arbeitskammer.de
Quellen: