Veröffentlicht am 8. Oktober 2021

Gewalt in der Pflege

Gewalt kommt in den unterschiedlichsten Formen und Konstellationen vor: Beschimpfungen, Übergriffe, sexuelle Belästigung oder aggressive Attacken. Mit Gewalterfahrungen oder Aggressionen durch Pflegebedürftige wurde beinahe schon jede Pflegekraft konfrontiert.

In Kliniken und Pflegeeinrichtungen, sowie in der ambulanten Versorgung gehören sie beinahe zum „Alltag“. Was individuell als Gewalt empfunden wird und was nicht, ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Erziehung, eigene Werte, kulturelle und soziale Einflüsse spielen hierbei eine wesentliche Rolle. Nicht immer wird Gewalt, die dem Pflegepersonal entgegengebracht wird mit Vorsatz ausgeführt. Wird ein Patient oder Angehöriger körperlich oder psychisch gewalttätig, liegt häufig eine außergewöhnliche körperliche oder geistige Belastungssituation zu Grunde. Gerade bei Unfällen, lebenserhaltenden Maßnahmen in der Notfallaufnahme oder bei eine akut psychiatrisch notwendigen Behandlung ist der Anblick und das Miterleben dieser Situation für viele Patienten und ihre Angehörigen eine herausfordernde Situation, mit der sie meist überfordert sind. Auch andere Ursachen wie Alkohol und Drogenkonsum, aber auch scheinbar „Geringere Gründe“ wie Kommunikationsprobleme, lange Wartezeiten oder generelle Unzufriedenheit mit der Einrichtung oder der Behandlung spielen eine Rolle und können ebenfalls Auslöser für Gewalt gegen medizinisches Personal sein. Aggressive Übergriffe wie Spucken, Schlagen, Kratzen kommen also häufig vor.

Bereits im Jahr 2017 wurde eine Querschnittstudie hinsichtlich Belastungen durch Aggression und Gewalt gegenüber Beschäftigten der Pflege- und Betreuungsbranche in Deutschland (1) durchgeführt. An dieser Studie nahmen 81 Betriebe mit 4.852 Beschäftigten an der Befragung teil. Befragt wurden Beschäftigte mit Kontakt zu Patientinnen, Patienten, Klientinnen und Klienten. Der Fragebogen umfasste soziodemografische Details, die Häufigkeit von körperlicher Gewalt und verbalem Missbrauch, Folgen von Gewalt und den Stress von Beschäftigten. Insgesamt 1.984 Beschäftigte nahmen an der Studie teil. Von diesen berichten 94 % über verbale und 70 % über körperliche Gewalterlebnisse. Aggressive Übergriffe kamen am häufigsten in Krankenhäusern und in Wohnbereichen der Behindertenhilfe vor. Es handelte sich überwiegend um Beschimpfen, Kneifen und Kratzen, Schlagen oder Bedrohen. Ein Drittel der Befragten wird dadurch stark belastet. Allerdings wird deutlich, dass sich der Umgang mit dem Thema in den Einrichtungen verändert hat. Früher häufig tabuisiert, ist es nun präsent und es werden Präventionsangebote wie z. B. ein Deeskalationstraining angeboten und genutzt. Die Sensibilisierung führt wahrscheinlich zu höheren Meldezahlen von Vorfällen. Gute Vorbereitung und ein offener Umgang mit dem Thema in den Einrichtungen wirken sich positiv auf das Belastungsempfinden und die Arbeitsfähigkeit aus.

Die Arbeitgeber sehen sich nicht nur mit den körperlichen, sondern auch psychischen Folgen der Gewalterfahrungen von Pflegekräften konfrontiert. Häufig entstehen Krankheitsbilder wie posttraumatische Belastungsstörungen und Ängste, bis hin zu Angststörungen, die den Alltag und das Arbeitsverhalten der Beschäftigten stark beeinflusst. Personalausfälle sind vorprogrammiert. Die Unzufriedenheit der Beschäftigten steigt dadurch zunehmend.

Die Arbeitgeber sollten innerhalb ihres betrieblichen Gesundheits- und Arbeitsschutzmanagements zum Schutz der Mitarbeiter Konzepte zum Schutz vor Gewalt, sowie entsprechende Fortbildungsangebote und Schulungen zur Prävention und Deeskalation, Selbstschutz und zur Selbstverteidigung anbieten. Den Umgang mit herausfordernden Situationen und gewaltpräventives Arbeiten kann in speziellen Schulungen erlernt werden. Auch für den Extremfall einer Amoksituation sollten alle Beschäftigten vorbereitet sein, um sich im Ernstfall an entsprechende Krankenhauseinsatz- und Alarmpläne halten zu können.

Für weitere Fragen stehen wir euch gerne zur Verfügung: pflege@arbeitskammer.de.

Viele Grüße aus dem Referat Pflege

 

Quellen:

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