Veröffentlicht am 22. Juli 2022

Angst im Krankenhaus

Im Jahr 2021 hat die KKH (Kaufmännische Krankenkasse) das Ergebnis einer Umfrage vorgestellt, das besagt, dass sich ca. 19 Prozent der Menschen in Deutschland vor einem Aufenthalt im Krankenhaus fürchten¹.

In einer Forsa-Umfrage aus dem Jahr 2010 waren es noch mehr als die Hälfte aller Bundesbürger (54 Prozent), die Angst vor einem Krankenhausaufenthalt hatten². Neben der Sorge sich mit einem gefährlichen Krankenhauskeim zu infizieren, war die Angst vor Komplikationen, das „Nichtmehraufwachen“ aus der Narkose, Behandlungsfehler, sowie allergische Reaktionen auf Medikamente, bis hin zum vergessenen OP-Besteck im Körper. Aber mittlerweile geht die Zahl der „Angstpatienten“, trotz Corona, langsam zurück, nur noch sieben Prozent hatten im Jahr 2021 Angst, sich im Krankenhaus mit dem Coronavirus zu infizieren³.

Die Angst von Patienten hat viele Formen und Facetten und kann sehr subtil sein

In den Köpfen der Patienten spielen sich meist schon im Vorfeld der Einweisung oder während der Einlieferung in ein Krankenhaus skurrile und sehr unwahrscheinliche Szenarien ab. Besonders wenn sich Patienten oder auch Angehörige vor einem geplanten stationären Aufenthalt eines Familienmitgliedes genauer über sein Krankheitsbild, entsprechende Behandlungsmethoden und das, was alles schiefgehen kann, „informieren“.

Hier werden gerne Erfahrungsberichte aus dem Internet, oder auch aus dem Freundes- und Bekanntenkreis genommen. Diese selbsterschaffenen Szenarien können aus dem Nichts beachtenswerte Angstreaktionen bei den Patienten auslösen, die meist von erheblichen körperlichen und psychischen Symptomen gekennzeichnet sind. Des Weiteren geht es bei Angst auch um „Kontrollverlust“ und „Ausgeliefertsein“. Hier wollen sich viele Menschen ein Gefühl von Sicherheit verschaffen. Den Arzt beim Aufklärungsgespräch auf mögliche Szenarien, die man im Internet nachgelesen hat, hinzuweisen, soll dem Mediziner zeigen, dass er es nicht mit einem „Laien“ zu tun hat und jeder seiner vorgeschlagenen Behandlungsschritte genau geprüft und hinterfragt wird.

Das kann mitunter sehr stressig sein, was mir sicher viele Leser und Leserinnen, die aus der Pflege und Ärzteschaft kommen, hier unterschreiben würden. Da Therapiemaßnahmen und Behandlungsschritte immer individuell sind, sind sie auch immer unterschiedlich, was Patienten und auch deren Angehörigen manchmal wirklich schwer zu erklären ist. Nichtsdestotrotz vermittelt dieses Vorgehen den Patienten eine Art „Kontrollfunktion“.

„Es gibt keinen Menschen, der frei von Angst ist. Angst rettet uns ständig das Leben, wenn wir auf der Straße nach rechts und links schauen, uns im Auto anschnallen, uns auf einem steilen Weg am Geländer festhalten, bei einer Lungenentzündung Antibiotika schlucken, bei Sturm nicht aus dem Haus gehen oder nachts die Haustür abschließen. Ohne dass es uns immer bewusst ist, führt uns Angst durch die Gefahrnisse des Lebens“⁴.

Anzeichen für einen ängstlichen Patienten

Nicht immer sind die Anzeichen übersteigerter Angst bei einem Patienten gleich ersichtlich. Für ein längeres Aufnahmegespräch, in dem man die Patienten genau beobachten kann, bleibt meist keine Zeit. Der Stationsablauf ist auf den Stationen eng getaktet, Personal ist knapp, man merkt zunächst vielleicht nichts. Doch je näher der vermeintliche Eingriff rückt, desto nervöser und unruhiger werden die Patienten. Sie beobachten vermehrt plötzlich auftretende Symptome bei sich selbst oder haben ständig Ergänzungen zu Ihrer Biografie oder Krankheitsgeschichte. Dieses Verhalten ist spätestens nach dem „Aufklärungsgespräch“ von Anästhesie und Operateur zu beobachten. Dann merken Pflegekräfte und Ärzte, dass sich die Angst beim Patienten eingestellt hat. Besonders auf chirurgischen Stationen, oder generell in Abteilungen, bei denen ein körperlicher Eingriff durchgeführt wird, ist das Personal mit Thema Angst bestens vertraut und sehr sensibel für die Anzeichen.

Was können Pflegekräfte tun, um Patienten zu beruhigen?

(Voraussetzung ist, dass keine klinische Diagnose einer Angsterkrankung oder Angststörung vorliegt*)

• Patienten die starke Ängste haben unbedingt ernst nehmen, auch auf körperliche Symptome wie Herzklopfen, Atemnot, Schweißausbrüche usw. den zuständigen Arzt informieren; grundsätzlich muss abgeklärt werden, ob weitere Behandlungsschritte notwendig sind.

• Gespräch mit dem behandelnden Arzt anbieten, damit Sorgen und Ängste ausgesprochen werden können; auf Wünsche eingehen; insbesondere beim Pflegeprozess

• Generell ist es gut, wenn die Pflegekraft ruhig und gelassen bleibt und sich nicht durch das nervöse Verhalten des Patienten oder die Situation verunsichern lässt.

• Eine Pflegekraft die Selbstsicherheit, beständige Ruhe und Gelassenheit ausstrahlt, vermittelt den Patienten ein Gefühl von Sicherheit. Meist werden diese Pflegekräfte zum permanenten Ansprechpartner, es entwickelt sich ein gewisses Vertrauen, was die Kooperation positiv beeinflusst.

• Umgangssprache ist immer die bessere Wahl im Patientengespräch. Fachbegriffe und Abkürzungen verunsichern die Patienten.

• Alle Maßnahmen und Anwendungen genau erklären.

• Empathie und Verständnis für die Ängste, die der Patient hat, zeigen. Vermitteln dass Angst völlig in Ordnung und nichts Ungewöhnliches ist, dass auch andere Patienten Angst haben. Sätze wie: „Sie brauchen keine Angst haben“ oder „Das ist doch mittlerweile Routine und überhaupt nicht schlimm” sollten vermieden werden denn sie steigern in der Regel das Angstgefühl im Patienten und sind nicht zielführend.

• Empfindungen und Sorgen des Patienten wahrnehmen, Verständnis zeigen und Diskussion und Argumentation vermeiden. Der Patient sollte das Gefühl von Kontrolle und Selbstbestimmung behalten.

• Auch physische Anwendungen wie Aromatherapie, rhythmische Einreibungen, leichte Massagen oder Wickel können den Körper und den Geist beruhigen und zur Entspannung beitragen.

• Auch Angehörige können zur Unterstützung miteinbezogen werden, um Ängste zu bewältigen.

• Pflegende sollten ihre eigenen Ängste kennen, reflektieren und überprüfen, damit sie diese nicht in die pflegerische Interaktion hineinfließen⁵.

 

Viele Grüße aus dem Referat Pflege

 


Quellen:

¹ Umfrage: Angst vor Aufenthalt im Krankenhaus nimmt ab | ÄRZTESTELLEN (aerzteblatt.de)

² Angst im Krankenhaus: Das unliebsame Gefühl (aerzteblatt.de)

³ Umfrage: Angst vor Aufenthalt im Krankenhaus nimmt ab | ÄRZTESTELLEN (aerzteblatt.de),

Darum haben viele Angst vor dem Krankenhaus • healthcare-in-europe.com,

Anspruchsvolle Gespräche: ängstliche Patienten (aerztesprech.de)

Angsterkrankungen » (neurologen-und-psychiater-im-netz.org)

*Angsterkrankungen » (neurologen-und-psychiater-im-netz.org)

Keine Angst vor der Angst (bibliomed-pflege.de)

 

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