Veröffentlicht am 4. Dezember 2020

Eine große Pflegepionierin hat die Welt verlassen

Liliane Juchli ist jedem, der in der Pflege arbeitet und gearbeitet hat, ein Begriff. Die Ordensschwester aus dem Orden der Barmherzigen Schwestern in Ingenbohl/ Schweiz prägte wie keine andere im deutschsprachigen Raum die Ausbildung und den Berufsstand in der Pflege.

Nach ihrer Ausbildung zur Krankenschwester und mehrjähriger Tätigkeit im Beruf, absolvierte sie eine Weiterbildung zur Schulschwester. Nach mehreren Jahren der Berufspraxis und Lehrtätigkeit sowie persönlichen Erfahrungswerten vertrat sie die Ansicht, dass Pflege ganzheitlich zu betrachten ist. Sie entwickelte in den 1970er Jahren das „ATL-Pflegemodel“.

Liane Juchli teilt die ATL‘s in 3 Ebenen, die miteinander verwoben sind, ein: die physische, die psychosoziale und die geistige Ebene. Die ATL’s beschreiben die Bereiche im Leben eines jeden Menschen, die aus ihrer Sicht bei der Pflege zu berücksichtigen sind. Körperliche, seelische Bereiche und Bedürfnisse sollten stärker bei der Pflege mit einbezogen werden, bei den zu Pflegenden und erstmals auch bei den Pflegenden selbst. Damit hat Liliane Juchli ein maßgebliches Signal gesetzt, was dazu führte, dass die Pflege aus einem neuen Blickwinkel betrachtet wurde. Dieser hatte zur Aufwertung der pflegenden Tätigkeit und hin zu mehr Profession geführt. Ihr gesammeltes Lehrmaterial und ihre Manuskripte, mit denen sie die Schüler:Innen unterrichtete, waren die Grundlage für ihr erstes, 500 Seiten starkes Buch. Der Thieme Verlag brachte es 1973 heraus unter dem Titel „Krankenpflege – Allgemeine und spezielle Krankenpflege“, im Pflegebereich auch einfach „Juchli“ oder „Juchli-Bibel“ genannt. Mit diesem Buch hat sie nachhaltig zur Weiterentwicklung und Professionalisierung der Lehre von der Pflege beigetragen.

Die 12 ATL nach Juchli lauten:

  • 1 Wach sein und schlafen
  • 2 Sich bewegen
  • 3 Sich waschen und kleiden
  • 4 Essen und Trinken
  • 5 Ausscheiden
  • 6 Körpertemperatur regulieren
  • 7 Atmen
  • 8 Für Sicherheit sorgen
  • 9 Raum und Zeit gestalten, arbeiten und spielen
  • 10 Kommunizieren
  • 11 Kind, Frau, Mann sein
  • 12 Sinn finden im Werden, Sein, Vergehen (auch: Lebenssinn, Sinnkrise, sterben)

Das Pflegemodell nach L. Juchli bezieht sich auf die Aktivitäten des täglichen Lebens (ATL), die in vielen Pflegekonzepten fest verankert sind und nach dem individuelle Pflegeplanungen für Pflegebedürftige erstellt werden.
Viele tausend Pflegekräfte im europäischen Raum erlernten den Pflegeberuf anhand ihrer Lehrbücher, die insgesamt zwölfmal neu aufgelegt wurden. Sie veröffentlichte zudem noch 15 Monografien zum Thema Pflege und zu anderen Lebensbereichen.
Neben Florence Nightingale, Hildegard Peplau, Virginia Henderson und Nancy Rooper gehört sie zu den geläufigsten Namen, wenn es um Bedürfnispflegemodelle geht. Viele nachfolgende Pflegemodelle wurden von diesen Arbeiten beeinflusst und prägen bis heute die Pflege.

Schwester Liliane Juchli wurde im Mai 2018 für ihre Pionierleistungen und ihr jahrelanges Engagement mit dem Verdienstkreuz erster Klasse der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.

Am 30. November 2020 ist Schwester Liliane Juchli im Alter von 87 Jahren in der Einrichtung „Haus der Pflege“ im Bern gestorben.
Wir nehmen voller Dankbarkeit und großen Respekt für ihr Lebenswerk Abschied von dieser großartigen Frau, die sich unermüdlich für eine fachliche, menschenwürdige Pflege eingesetzt hat und Generationen von Pflegenden ihr umfangreiches Wissen in Form von Büchern zur Verfügung gestellt hat.

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