Mehr Männer in der Pflege? Ein Gewinn für alle!
Mehr Männer in der Pflege – das wäre ein echter Gewinn für das Team, die Patientinnen und Patienten und für den Berufsstand insgesamt. Doch warum ist der Anteil männlicher Pflegekräfte nach wie vor so niedrig? Und wie könnte man das ändern? Ein Blick auf die Gründe, Entwicklungen und Möglichkeiten.
Gründe für den niedrigen Männeranteil
Pflegeberufe werden in Deutschland traditionell als „Frauenberufe“ angesehen. Das liegt vor allem an tief verwurzelten Geschlechterstereotypen: Fürsorglichkeit und Empathie werden oft automatisch mit weiblichen Eigenschaften gleichgesetzt. Diese Vorurteile beeinflussen die Berufswahl junger Männer erheblich. Hinzu kommt, dass männliche Vorbilder in der Pflege selten sichtbar sind. Wer sich kaum mit Kollegen identifizieren kann, für den wird die Entscheidung für einen Pflegeberuf schwieriger.
Auch die Rahmenbedingungen in der Pflegebranche wirken auf viele abschreckend:
Schlechte Bezahlung, hohe körperliche und emotionale Belastungen, unzuverlässige Dienstpläne und begrenzte Aufstiegschancen machen den Beruf für Männer wie Frauen gleichermaßen unattraktiv. Das Image der Pflege wird zusätzlich durch mediale Darstellungen geprägt, die oft ein negatives und einseitiges Bild vermitteln. Nicht zuletzt sehen sich Männer häufig mit der Erwartung konfrontiert, den Hauptverdiener der Familie zu sein – eine Rolle, die angesichts der oft niedrigen Gehälter in der Pflege nur schwer zu erfüllen ist.
Entwicklung des Männeranteils in der Pflege
In den letzten Jahren hat sich der Anteil männlicher Pflegekräfte leicht erhöht. Im Jahr 2020 waren etwa 17 Prozent der Beschäftigten in der Altenpflege und 20 Prozent in der Krankenpflege männlich. Bis 2022 stieg der Männeranteil in der Altenpflege auf 18 Prozent. Besonders erfreulich ist, dass 2021 rund 26 Prozent der Auszubildenden in Pflegeberufen männlich waren – ein Zeichen für einen positiven Trend. Initiativen wie „Modern Men Do Care“ oder der „Boys‘ Day“ haben dazu beigetragen, das Bewusstsein zu schärfen und Vorurteile abzubauen. Dennoch bleibt der Anteil männlicher Pflegekräfte weiterhin niedrig. Zwar wurden bereits zahlreiche Maßnahmen zur Steigerung des Männeranteils entwickelt, die Umsetzung und gesellschaftliche Akzeptanz benötigen jedoch noch Zeit.
Unterschiede zwischen den Fachgebieten
Der Männeranteil variiert je nach Fachgebiet. In der Kinderkrankenpflege sind Männer beispielsweise deutlich seltener vertreten, da diese Tätigkeit besonders stark mit traditionellen weiblichen Rollenbildern verknüpft wird. Dagegen arbeiten Männer häufiger in technisch anspruchsvolleren Bereichen wie der Intensivpflege oder bei techniklastigen Aufgaben, da diese Bereiche weniger stark von Geschlechterstereotypen belastet sind.
Vorteile eines höheren Männeranteils
Ein größerer Anteil männlicher Pflegekräfte hätte zahlreiche Vorteile. Gemischte Teams arbeiten in der Regel harmonischer und effizienter zusammen, was sich positiv auf die Qualität der Pflege auswirkt. Die Diversität im Pflegeteam spiegelt zudem die Vielfalt der Gesellschaft wider und kommt insbesondere bei körpernaher Pflege Patientinnen und Patienten zugute.
Männliche Kollegen können außerdem dazu beitragen, die Belastung durch sexualisierte Übergriffe auf Kolleginnen zu reduzieren. Darüber hinaus bringen Männer oft andere Stärken und Perspektiven in den Beruf ein, etwa eine besondere technische Affinität. Ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis könnte den Pflegeberuf insgesamt attraktiver machen und mehr Menschen für die Pflege begeistern.
Maßnahmen zur Erhöhung des Männeranteils
Um mehr Männer für den Pflegeberuf zu gewinnen, sollten verschiedene Maßnahmen ergriffen werden. Dazu zählt die gezielte Verbesserung des Berufsimages durch Öffentlichkeitsarbeit, die die Vielseitigkeit und Bedeutung des Berufs betont. Auch die gezielte Ansprache männlicher Bewerber über Stellenausschreibungen und Social Media ist wichtig. Attraktivere Arbeitsbedingungen, wie höhere Gehälter, bessere Weiterbildungsmöglichkeiten und flexible Arbeitszeiten, könnten den Beruf für Männer und Frauen gleichermaßen interessanter machen. Kampagnen zur Sensibilisierung für geschlechtsbezogene Verhaltensweisen und der Abbau von Stereotypen durch männliche Vorbilder und Mentoren sind weitere wichtige Bausteine. Nicht zuletzt sollte bereits in Schulen und Universitäten für den Pflegeberuf geworben und durch Praktika und Freiwilligendienste ein praxisnaher Einblick ermöglicht werden.
Die Rolle der Arbeitskammer: „Entdeckertouren Pflege“
Ein wertvoller Beitrag zur Nachwuchsgewinnung und zur Überwindung von Vorurteilen sind die sogenannten „Entdeckertouren Pflege“, die jährlich von der Arbeitskammer des Saarlandes organisiert werden. Diese Initiative bringt interessierte Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen 8 und 9 in saarländische Krankenhäuser und ermöglicht ihnen einen authentischen Einblick in den Pflegeberuf und weitere Berufe im Krankenhaus.
Die Jugendlichen lernen die Vielfalt, die Herausforderungen und die Entwicklungsmöglichkeiten in der Pflege kennen – und das ganz praktisch, indem sie hinter die Kulissen blicken und Pflegeberufe „zum Anfassen“ erleben können. Besonders erfreulich: Unter den Teilnehmenden ist regelmäßig ein hoher Anteil männlicher Jugendlicher, was zeigt, dass das Interesse an Pflegeberufen auch bei Jungen wächst. Die Entdeckertouren setzen damit bereits früh an, um das Image der Pflege zu verbessern und für mehr Vielfalt im Berufsfeld zu sorgen