PeBeM, PPR 2.0 und EinStep!
Seit dem 1. Juli 2023 hat die neue Personalbemessung (PeBeM, § 113 c SGB XI), Einzug in die Langzeitpflege gehalten. Das ist eine der gravierendsten Veränderungen, die es in der Pflege in den letzten Jahren gegeben hat und es betrifft bis jetzt nur die vollstationären Einrichtungen.
Start der neuen Personalbemessung (PeBeM, § 113 c SGB XI) in Langzeitpflegeinrichtungen
Die Bereiche Krankenhaus, teilstationäre Pflege und ambulante Pflege sind außen vor. Das neue Instrument zur Personalbemessung beruht auf einem Rechenverfahren, welches die benötigte Menge des Personals an unterschiedlichen Qualifikationsniveaus, dem sogenannten „Case-Mix“, bemisst. So kann der spezifische Personalmix präzise ermittelt und eine Pflegeinrichtung, bzw. ein Wohnbereich, je nach Bewohnerstruktur und je nach Pflegegraden, qualifikationsadaptiert besetzt werden. Nach folgenden Qualifikationsstufen errechnet sich der Personalbedarf „Case-Mix“.
Hierbei sind drei Qualifikationsstufen vorgesehen:
1. Pflegefachkräfte (QN 4)
2. Assistenzkräfte mit 1-2-jähriger Ausbildung (QN 3)
3. Hilfskraftpersonal mit geringerem Ausbildungsstand (z. B. Betreuungsassistent/innen) (QN 1, QN en.
Ob die Pflegekräfte und die Bewohnerinnen und Bewohner in den vollstationären Pflegeeinrichtungen von dieser bedarfsgerechten Personalbemessung profitieren, muss sich noch zeigen. Die vollständige Implementierung soll dann ab 2025 erfolgen.
Für die Krankenhäuser soll ab 2024 die weiterentwickelte Pflegepersonalregelung 2.0 (PPR 2.0) als Instrument zur Ermittlung des Pflegepersonalbedarfs in Kraft treten und dient als Übergang, bis ein weitergehendes Instrument, voraussichtlich Ende 2025, vorliegen soll. Der Zeitplan für die Umsetzung wurde vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) festgelegt: Nach einer dreimonatigen Erprobung, die seit dem 1.1.2023 in ausgewählten Kliniken läuft, sollen bis Ende November 2023 vom BMG per Rechtsverordnung die Vorgaben zur Ermittlung des Pflegepersonalbedarfs feststehen. Diese sollen ab 2024 verbindlich für die Krankenhäuser gelten. Geplant ist, dass die Kliniken, die die PeBeM ab 2025 nicht durchführen, sanktioniert werden. Die Arbeitskammer des Saarlandes (AK) wird die Einführung dieser Instrumente kritisch begleiten.
Was ist das Ziel der Personalbemessung in der Pflege?
„Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels ist es eine der wesentlichen gesellschaftspolitischen Aufgaben der nächsten Jahre, eine gute und professionelle pflegerische Versorgung zu sichern. Dazu bedarf es einer hinreichenden Anzahl an Pflegefachpersonen und weiteren beruflich Pflegenden. Zu den Rahmenbedingungen einer guten Pflege gehört daher eine qualitativ und quantitativ am Versorgungsbedarf der Pflegebedürftigen ausgerichtete Personalausstattung der Pflegeeinrichtungen. Damit können bessere Arbeitsbedingungen und eine höhere Arbeitszufriedenheit der beruflich Pflegenden erreicht werden.“ (Konzertierte Aktion Pflege: Roadmap zur Einführung eines Personalbemessungsverfahrens (PDF))
Im Ambulanten Bereich ist eine Personalbemessung mit diesen Instrumenten nicht möglich ist. Grund hierfür ist, dass sich bei der Pflege im häuslichen Umfeld andere Gegebenheiten und Notwendigkeiten zeigen. Die Bedarfe sind individuell, richten sich größtenteils nach den Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen und sind somit nicht allgemein messbar. Um die ambulanten Pflegeeinrichtungen im Sinne der Empfehlungen aus dem PeBeM-Projekt zu unterstützen, wurde mit dem GPVG ein Modellprogramm für ambulante Pflegeeinrichtungen gesetzlich verankert. Laut GKV sollen neue Modelle der Arbeitsorganisation für eine wohnortnahe ambulante pflegerische Versorgung mit einem veränderten, kompetenzorientierten Personalmix entwickelt und etabliert werden. Ziel ist die wissenschaftlich gestützte Weiterentwicklung der ambulanten Versorgung. Das Modellprogramm ist auf den Zeitraum bis Mitte des Jahres 2025 befristet. (GPVG-Modellprogramm)
In der Roadmap des Bundesgesundheitsministeriums steht außerdem, dass zu prüfen wäre, wie Pflegekräfte in der ambulanten Pflege entlastet werden können, z. B. durch Abbau von Bürokratie. Ein passendes Tool hierfür wäre „EinStep!“
Der bürokratische Aufwand ist zu hoch, immer mehr Dokumentation, immer weniger Zeit für die Pflege an Bewohner und Patienten.
Entbürokratisierung in der Pflegedokumentation „EinStep!“- EinSTEP (Einführung des Strukturmodells zur Entbürokratisierung der Pflegedokumentation)
Die bundesweite Einführung des Strukturmodells im Jahr 2015 war eine der bisher größten bundespolitischen Aktionen zur Entbürokratisierung der Dokumentation in der Pflege. Mit dem Strukturmodell, das mit seinen 4 Elementen zur Steuerung des Pflegeprozesses dienen soll, wird der Dokumentationsaufwand erheblich reduziert. Somit findet ein Paradigmenwechsel in der Pflegedokumentation statt und das ohne fachliche Qualitätsstandards zu vernachlässigen oder haftungsrechtliche Risiken aufzuwerfen. Mittlerweile nutzen bundesweit rund 80 Prozent der Pflegeinrichtungen dieses Tool.
Die vier Elemente des Strukturmodells:
1. Strukturierte Informationssammlung (SIS) als Einstieg in den Pflegeprozess
2. Individuelle Maßnahmenplanung mit den Erkenntnissen aus der SIS*
3. Berichteblatt mit der Fokussierung auf Abweichungen aus der Maßnahmenplanung und der SIS
4. Festlegung von Evaluationsdaten aus Erkenntnissen der SIS, der Maßnahmenplanung und des Berichteblatts
* Strukturierte Informationssammlung (SIS) als Element des Strukturmodells (bundesgesundheitsministerium.de)
„Das Strukturmodell ist ein ideales – und das bisher einzige – Konzept, verbunden mit der entsprechenden Dokumentationsstruktur, um die Vorbehaltsaufgaben nach dem Pflegeberufegesetz in die Praxis umsetzen zu können.
Es bildet sowohl den Rahmen für professionsethisches Pflegehandeln im Sinne einer beziehungs- und personenzentrierten Pflege wie auch für die Kompetenzentwicklung zu den Vorbehaltsaufgaben in der theoretischen wie praktischen Pflegeausbildung.“ (https://www.ein-step.de/)
Die Pflegebevollmächtigte Claudia Moll ist die Schirmherrin über das Projekt „EinSTEP“.
Wer mehr zum Thema erfahren möchte, findet weitere Informationen und hilfreiche Links unter:
EinSTEP – Filme – Entbürokratisierung der Pflegedokumentation (ein-step.de)
Einführung des Strukturmodells zur Entbürokratisierung der Pflegedokumentation (kas.de)
Viele Grüße aus dem Referat Pflege!
Quellen:
Bericht an die Regierung des Saarlandes 2023 (arbeitskammer.de)
Personalbemessung in der Pflege 2023: Das Wichtigste zusammengefasst (carerockets.com)
PPR 2.0 – was ist das eigentlich? | ver.di (verdi.de)
Roadmap zur Verbesserung der Personalsituation in der Pflege und zur schrittweisen Einführung eines Personalbemessungsverfahrens für vollstationäre Pflegeeinrichtungen (bundesgesundheitsministerium.de)
Einführung und Weiterentwicklung des Personalbemessungsverfahrens in der Pflege (Modellprogramm nach § 8 Abs. 3b SGB XI) – GKV-Spitzenverband
Einführung des Strukturmodells zur Entbürokratisierung der Pflegedokumentation (kas.de)
Strukturierte Informationssammlung (SIS) als Element des Strukturmodells (bundesgesundheitsministerium.de)