Thema: AK-Position – Arbeitsschutz in der Pflege
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
wir melden uns der Sommerpause zurück und freuen uns Sie wieder willkommen zu heißen.
Mit neuer Energie starten wir in die zweite Jahreshälfte mit einem Artikel, der sich mit den hohen Belastungen, denen Pflegekräfte bei ihrer Arbeit ausgesetzt sind, befasst. Besonders hier müssen unbedingt Maßnahmen des Arbeitsschutzes auf mehreren Ebenen eingehalten und umgesetzt werden. Heike-Rebecca Nickl, die das Referat betriebliche Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeitskammer leitet, hat sich genauer damit beschäftigt und in dem nachfolgenden Artikel können sie ihre Ergebnisse nachlesen.
Pflegekräfte sind bei ihrer Arbeit Belastungen ausgesetzt, die ihre Gesundheit gefährden. Maßnahmen des Arbeitsschutzes müssen daher auf mehreren Ebenen umgesetzt werden.
Die Attraktivität des Pflegeberufs nimmt aufgrund der gesundheitsbelastenden Arbeitsbedingungen bereits seit Jahrzehnten immer mehr ab. Viele Pflegekräfte steigen daher schon nach wenigen Berufsjahren wieder aus. Das kann sich die Gesellschaft vor dem Hintergrund eines gravierenden Personalmangels in der Gesundheitsbranche nicht leisten.
Bessere Arbeitsbedingungen könnten diese Entwicklung stoppen oder sogar ausgestiegene Fachkräfte zur Rückkehr in die Pflege bewegen. Dies ist ein Ergebnis der bundesweiten Befragung von Pflegekräften, die die Arbeitskammer des Saarlandes in Kooperation mit der Arbeitnehmerkammer Bremen und des Instituts Arbeit und Technik Gelsenkirchen 2021 durchgeführt hat.
Welche Arbeitsbedingungen belasten die Gesundheit der Pflegekräfte? Das sind beispielsweise negative Auswirkungen durch Schicht- und Nachtdienest, die Dauer der Arbeitszeit und die hohe Arbeitsintensität. Hinzu kommen Faktoren, die den Muskel-Skelett-Apparat negativ belasten oder die Haut gefährden. Pflegekräfte sind darüber hinaus stark gefährdet, sich am Arbeitsplatz zu infizieren und zu erkranken. Die hohe Zahl der Coronainfizierten unter den Pflegekräften hat dies zuletzt veranschaulicht.
Um diesen Belastungen und Gefährdungen entgegenzuwirken, sind Schutzmaßnahmen dort umzusetzen, wo sie entstehen bzw. verantwortet werden. Also auf allen Unternehmensebenen.
Auf der ökonomischen Ebene der Einrichtung sind Belastungen in der Pflege zu verantworten, die durch Rationalisierungsbestrebungen und Personalmanagement entstehen. Auch dem Dilemma, dass der Pflegebedarf der Patienten nicht in den Fallpauschalen abgebildet wird, kann und muss auf dieser Ebene entgegengewirkt werden.
Auf der organisatorischen Ebene wird entschieden, welcher Führungsstil vorherrscht. Gute Führung trägt wesentlich zu einem gesunden Betriebsklima bei. Auf dieser Ebene muss auch der Einfluss der Pflegekräfte auf ihre Arbeitsbedingungen erhöht werden. Denn das ist notwendig, um die gesamte Arbeitsorganisation zu optimieren.
Bereitstellung und Einsatz von Hilfsmitteln zur Entlastung des Muskelskelettsystems sowie eine ergonomische Arbeitsumgebung sind auf der technischen Ebene angesiedelt. Der Einsatz von Hilfsmitteln bedarf Zeit. Zeit, die Pflegekräfte sonst benötigen, schlechte ergonomische Verhältnisse zu kompensieren. Zeit, die besser dazu beiträgt, lange krankheitsbedingte Ausfälle zu vermeiden. Ein Gewinn auf beiden Seiten!
Unstimmigkeiten oder widersprüchliche Arbeitsanweisungen sowie Spannungen zwischen einzelnen Berufsgruppen wirken sich negativ auf die psychische Gesundheit aus. Die hohe Kompetenz der Pflegekräfte bei der Behandlungspflege anzuerkennen, wäre ein Lösungsansatz auf der interpersonellen Ebene.
Viel zu häufig liegt der Blick bei der Durchführung von Pflegetätigkeiten allein auf dem Wohl der Patienten. Der Erhalt der eigenen Gesundheit rückt dabei in den Hintergrund. Verliert sich eine Pflegekraft dauerhaft in einer aufopfernden Rolle und vernachlässigt ihre Gesunderhaltung sprechen wir von interessierter Selbstgefährdung. Pflegekräften muss ermöglicht werden, Kompetenzen für ihre eigene Gesundheit zu entwickeln. Gute Führung zeichnet sich dadurch aus, die Entwicklung zu unterstützen. Unterweisungen gemäß Arbeitsschutzgesetz sowie stetige Fortbildung in gesundheitsgerechten Arbeitsweisen sind Maßnahmen auf der persönlichen Ebene.
Burn-out wurde 1976 erstmalig in der Pflege wissenschaftlich beschrieben. Wir schreiben das Jahr 2022. Was hat sich seither getan? Der Druck auf die Pflegekräfte hat sich aufgrund des dauerhaften Personalmangels stetig erhöht. Wer das ernsthaft ändern will, muss auf allen Ebenen Maßnahmen umsetzen. Nur so können die Verhältnisse gesundheitsförderlich gestaltet werden. Und Pflegekräfte ihren Beruf schadenfrei ausüben.
Viele Grüße aus dem Referat Pflege